A look over the border: the barbarians on the other side of the daco-moesian limes


Alexandru Popa's communication „Der Blick über die Grenze: die Barbaren jenseits des dako-moesischen Limes bis zur Gebietsreorganisation vom Kaiser Hadrian” (A look over the border: the barbarians on the other side of the daco-moesian limes) was selected to be presented at the Workshop called “The Flavian and Trajanic Forts in the Roman Empire (70-117 CE)” organised during the International Scientific Conference „Archaeology of the first Millennium A.D.” (Ploieşti).
The conference is organised by the The Romanian Academy. The Institute of Archaeology, “Vasile Pârvan”, Bucharest and the County Museum of History and Archaeology Prahova, Ploieşti, between the 29th – 31st August 2013.
The works of this specialized meeting will focus on discussing issues related to the existence of roman camps built in the same time when the centre of foreign roman political power moved from the lower and middle Rhine towards the middle and lower Danube.

The abstract of the presentation, that will be published before the workshop opens, as follows:
Alexandru Popa
Es ist Forschungstradition in ganz Europa, die Geschichte der provinzialen und barbarischen Territorien während der römischen Kaiserzeit separat zu behandeln. Die von den Römern in der einen oder anderen Form ausgebaute Grenze gehört in dem deutschsprachigen Forschungsraum traditionell zur provinzialrömischen Archäologie, die benachbarten "barbarischen" Gebiete bilden dagegen ein Forschungsobjekt der vor- und frühgeschichtlichen Archäologie. Somit werden diese zwei thematisch miteinander verbundenen Themenkomplexe meist separat behandelt. Die reale Situation scheint jedoch anders zu sein: "Weder endeten Roms Interessen am Limes, noch beschränkten sich die Aktivitäten der Germanen auf das Land jenseits davon", formulierte B. Steidl in Bezug auf sein Untersuchungsgebiet in Mainfranken (STEIDL 2007, 35). Aus diesen Gründen erscheint mir forschungsrelevant zu sein, beim Untersuchen der Struktur und Entwicklung der römischen Grenzen in der Region die im Barbaricum siedelnde nicht-römische Bevölkerung in die Untersuchung mit einzubeziehen.
Das Bild der Schriftquellen über diese „Barbaren“ ist mit zahlreichen Lücken behaftet, so dass die ältere Forschung auf die Sammelbegriffe wie "freie Daker" (mit der Bedeutung "von den Römern nicht unterworfene Bewohner Dakiens") oder Sarmaten (wohl als Synonym für "Nomaden") auswich, um sowohl archäologische Kulturen als auch aus den Schriftquellen bekannte ethnische Identitäten zu benennen. Es ist ein Anliegen dieser Untersuchung, die wichtigsten Anhaltspunkte zu diesem Fragenkomplex zusammenzufassen und kritisch zu hinterfragen. Dazu soll auch das so genannte vor-römische Bevölkerungssubstrat der Region (vor der Gründung der Provinz Dakien) beleuchtet werden. Anschließend soll eine Übersicht der kulturellen und ethnischen Situation des Untersuchungsgebiets bis zur Gebietsreform in Dakien des Kaisers Hadrian folgen. Die vereinfachte Fragestellung dabei ist „Wer waren die Nachbarn der Römer im Untersuchungsgebiet aus Sicht der Archäologie?“ und „Welche überlieferten antiken Völker würde man hier lokalisieren?“.
Als erstes möchte ich das vorrömische Substrat in der Untersuchungsregion revue passieren lassen. Daran anschließend soll ein kurzer Abriss der kulturellen und ethnischen Situation im Untersuchungsgebiet zur Zeit der Provinz Dakien folgen.
Zur Zeit der römischen Offensive an der unteren Donau belegen die schriftlichen Quellen eine Besiedlung des Untersuchungsgebietes durch die thrakisch stämmige Bevölkerung der Daker und Geten. Über deren Beziehungen und Kontakte zu den Römern unterrichten uns die römischen Schriftquellen, die meist über militärische Ereignisse im Zuge der römischen Außenpolitik an der unteren Donau berichten.
Aus archäologischer Sicht ist diese Bevölkerung östlich der Karpaten schwer fassbar. Auch die Kontakte und Beziehungen zu den Römern sind archäologisch schwer nachzuweisen. Heutzutage ist die Zahl der bekannten und untersuchten Fundstellen aus der Zeit vor der römischen Eroberung im Untersuchungsgebiet sehr gering. Es bleibt außerdem eine deutliche Präferenz der Ausgräber für die befestigten (im Gegensatz zu den unbefestigten) Siedlungen festzustellen. Von den drei postulierten Siedlungstypen sind die befestigten oppida-artigen Großsiedlungen am besten dokumentiert, es deutet sich ein Verbreitungsschwerpunkt der Besiedlung im Siret-Tal an.
Untersuchungen zum vorrömischen Substrat in der östlichen Dacia müssen sich in Zukunft vor allem der Chronologie der Fundstellen widmen. Aber auch die daran anschließenden Fragen der Kultur- und Wirtschaftsgeschichte der Bevölkerung stellen ein Desiderat der Forschungen im Untersuchungsgebiet dar.
Bevor die Römer ihre große Militäroffensive am Ende des 1. Jhs. n. Chr. starteten, ist die Besiedlung unseres Untersuchungsgebiets durch einige wenige oppida-artige Großsiedlungen wie Poiana, Răcătău, Brad am mittleren Siret oder Rudi am mittleren Dnjestr belegt. Kleinere und unbefestigte Sieldungsplätze werden vermutet, wurden bislang jedoch nicht untersucht bzw. publiziert. In dieser Zeit gehört das Untersuchungsgebiet zu der europäischen "gräberlosen Zone"; es konnten nur wenige Grabfunde identifiziert werden. Hier wurden auch mehrere Fälle von Menschenopfern festgestellt, die in der Forschung als ein weiteres Merkmal der Spätlatenèzeit in unserem Untersuchungsgebiet gelten. Die bis jetzt untersuchten Fundstellen ergaben zahlreiche hellenistische und römisch-republikanische Importgegenstände.
Die dadurch charakterisierte Gesellschaft ändert sich radikal mit bzw. nach der Ankunft der Römer in der Region. Die teilweise befestigten Großsiedlungen werden zerstört oder verlassen. In der Region tauchen zahlreiche in vorgeschichtlichen Erdhügeln eingelassene Körpergräber auf.
Die Gebietsreform des Kaisers Hadrian ist deswegen ein Meilenstein in der Regionalsgeschichte weil danach die Bevölkerung des Untersuchungsgebiets schwer fassbar ist. Anhand der derzeit bekannten Fundplätze entsteht der Eindruck, dass das Untersuchungsgebiet leer oder nur dünn besiedelt war. Auch die Kontakte und Beziehungen zu den Römern sind schwer nachzuweisen.
Es zeigt sich, dass die aktuelle zeitliche Einordnung der Poineşti-Vârteşcoi- und der Militari-Chilia-Kultur in das 2. und 3. Jahrhundert sehr umstritten scheint. Die Mehrheit der gut dokumentierten Artefakte sprechen für eine Datierung der Gräber und geschlossenen Siedlungskomplexe nur in das 3. Jh. oder frühestens an das Ende des 2. Jhs. n. Chr. Und auf keinem Fall am Anfang des 2. Jhs. n.Chr.. In das gleiche chronologische Schema passen auch die Körperbestattungen der „sarmatischen“ Kultur: die „mittelsarmatische“ Zeit endet im ersten Viertel des 2. Jhs. Die Kulturgruppe aus der Gegend von Tyras, die A. Gudkova den sog. "Spätskyten" zugeschrieben hat, gehört meines Erachtens zum ländlichen Territorium dieser antiken Stadt am unteren Dnjestr.
Zusammenfassend stellt sich die Frage Welche Bedeutung der römische Grenze als Kontaktzone zwischen Römern und Barbaren an der unteren Donau besaß. Ein besonderes Interesse weckt dabei die Frage der Funktionen des untermösischen-dakischen Limes zu dieser Zeit. Ist er primär ein militärischer Schutz, eine Zugangskontrolle für Menschen und Güter oder doch nur eine Kennzeichnung des Provinzterritoriums gegenüber den Barbaren? Eine pauschale Antwort ist hier unzulässig, weil die untermösisch-dakische Grenze aus mehreren unterschiedlichen Segmenten bestand, die ihre Struktur im Laufe der Zeit veränderten und dementsprechend unterschiedliche Funktionen besaßen. Die Einteilung der angesprochenen Limesabschnitte ist zum größten Teil von naturräumlichen Gegebenheiten bestimmt, die Struktur jedes Abschnitts wird aber auch von der Organisation der jeweiligen Provinzregionen geprägt. Die Untersuchung lässt die Annahme zu, dass mit dem unterschiedlichen Ausbau der Grenzgebiete (Ostkarpaten, Westwalachei entlang des Olt und Ostwalachei sowie südliche Moldau entlang des nördlichen Donauufer) das römische Reich individuell auf die benachbarten Bevölkerungsgruppen reagierte.